Der Cudsch
Auf einer Mauer sitzt der Cudsch
Und denkt bei sich: "die Welt ist futsch.
Vorhin war sie noch unter mir,
Doch nun, nun ist sie nicht mehr hier."
Dem Cudsch gefällt's, denn lange schon
War ihm die ganze Welt ein Hohn
Sie drehte sich ganz fürchterlich,
Daß aller Welt wurd' schwindelig.
Und überall war'n lauter Hubbel,
Beulen, Macken, Zacken, Knubbel,
Die irgendjemand ohn' Verstand
Gemacht in ihre Aussenwand.
Drum kann sie ihm gestohlen bleiben,
Genauso wie das bunte Treiben
Von Schildkröten und Papageien
Und - man möge ihm verzeihen -
Selbst von Schottlands tausend Schafen
Und Elefanten und Giraffen,
Die doch die ganze Zeit nur blöde
Stehn und Fressen - ach wie öde.
Doch als der Cudsch nach unten blickt,
Da wird die Sache ganz verzwickt.
Von vorn' bis hinten, rechts bis links
Um ihn herum im Kreise rings
Sieht er nur Nichts, 's ist alles weg,
Das war nicht der Sinn und Zweck
Des klitzekleinen Zaubertricks,
Der die Welt verbarg vor seinem Blick.
Drum denkt der Cudsch: "O welch ein Graus,
Heut komm ich wohl nicht mehr nach Haus.
Wohin ich seh', wohin ich geh',
Da ist nur Nichts, ojemine.
Schon wieder hält sie mich zum Narren
Und ich muss ihrer Rückkehr harren."
Auf einer Mauer sitzt der Cudsch,
Er schaut sich um, die Welt ist futsch.
(C)1999 Richard Brauer
Der Cudsch ist ein Mensch, den die meisten der Leserinnen und Leser dieses Gedichtes wahrscheinlich so gut kennen, daß ich ihnen nichts neues über ihn erzählen könnte. Den anderen möge der Hinweis auf einen alten, etwas verlorenen Freund aus guten, alten und vor allem verrückten Tagen genügen.